Diese Zeilen erschienen anlässlich des 60-Jahr Jubiläums der Pfadi Bürglen im damaligen Festführer.
Wer Arnold Herrmann in einem Film sehen möchte, hier ein Video seines Besuches bei «Aeschbacher» im Jahre 2009.

Erst blickten wir ja zurück auf 50 vergangene Jahre, nun sind es seit der Geburt der Pfadi Bürglen bereits sechs Jahrzehnte, so schnell vergeht die Zeit. Über unsere erste Zeit (1936–1941) schrieb ich ja bereits schon vor 10 Jahren und wiederholen soll man sich ja nicht. So stochere ich halt im Erinnerungskasten und greife einges heraus.

Wir waren eine kleine etwas temperamentvolle Gruppe allesamt glücklich, dass wir nun Pfadfinder waren. Pfarrer Scheuber als Präses, Seppi Müller, Altdorf als Leiter und Gusti Truttmann, Steffeli Gisler sowie meine Wenigkeit als Venner. Wir harmonierten bestens denn die paar Mitstreiter, die jeder Venner zugeteilt bekam, zogen tapfer am gleichen Strick. Gusti und ich absolvierten im SOLA der Altdorfer im Meiental unsere Schnupperlehre. Steffeli der Ober-Altindianer musst leider passen. Besonders pflegeleicht waren wir zwei nicht – und sich von den Altdorfern foppen lassen, kam gar nicht in Frage. Nach unserem Fluchtversuch sorgten dann Paick und seine Venner für Ruhe, wir waren wieder zufrieden und blieben bis zum Schluss. Noch etwas ist erwähnenswert, unser Koch war Pilzfan und so durften wir alle paar Tage auf die Suche. Suchen ist zwar das falsche Wort, es hatte so viele Steinpilze und vor allem Eierschwämme, dass wir ganze Körbe und «Ziber» voll heimtragen konnten. Sammeln, dies taten wir zwei so gerne, aber für uns war ein Pilzschmaus alles andere als eine Gaumenfreude, vergiftet wollten wir im schönen Meiental nicht werden.

1937 mussten wir neu gebackenen Venner dann selber in die Hosen steigen und im SOLA auf dem Urnerboden zeigen, was in uns steckte. Die Schattdorfer logierten etwas abseits von uns und so wetteiferten wir mit, manchmal auch gegen einander. Die Fätsch war unser nachmittäglicher Tummelplatz bis eines Tages beim Brückenbau, ein Bürgler-Knirps drin platschte und nur mit aller Mühe gerettet werden konnte. Wir machten aber auch Ausbildung, Spiele, Lagerfeuer Wanderungen und sogar eine Hochtour. Unsere Hoffnung war der Clariden, aber Präses und Leiter waren anderer Meinung und schlussendlich waren wir mit dem Gemsfaier auch voll zufrieden. Nach Hause gingen wir dann zu Fuss, trainiert genug waren wir ja.

1938 fiel das SOLA aus, weil wir Venner mit den Altdorfern ins BULA Zürich gehen durften. Dort trafen wir das reinste Ferienparadies, und ausser an Sackgeld fehlte es uns Bürglern an nichts. Gottlob kam dies KFM Alex Christen zu Ohren, so dass wir an heissen Tagen, trotzdem zu unserem Schleckeis kamen. Herzlichen Dank im nachhinein.

1936 Arnold Hermann

 

1939 Das wegen der guten Tat wollten Gusti und ich uns mal so richtig zu Herzen nehmen und wir beschlossen, dabei Kempfs im Rueggig eine Woche Landdienst zu machen. Es war gegen Ende August und worben und rechen war unser Tagewerk. Gusti und ich hätten zwar lieber die Sense geschwungen, aber dies war unserem Bauern denn doch zu gefährlich, weil wir darin absolut keine Übung hatten. Am schönen Spätnachmittag des 2. September 1939, wir hockten neben dem Weg beim Zabig, hörten und sahen wir einen Mann, der auf dem nahegelegenen Hoger so eine Art Tagwache blies und hernach uns zu sich winkte. Als wir dann dort waren, verlas er ein Dekret, dass wegen Kriegsausbruch alle Wehrpflichtigen morgen früh einrücken müssten, Mobilmachung!. Die Erwachsenen bekamen einen richtigen Schock, wir hingegen freuten uns fast, denn wir waren für diesen Fall als Meldeläufer für das Platzkommando vorgesehen. Arbeit hin oder her, wir Jungsprinter waren nicht mehr zu halten und bestanden darauf, sofort unsere Aufgabe wahrzunehmen und dem Landdienst Adieu zu sagen. Eigentlich verwerflich, denn jetzt hätten sie uns am nötigsten gehabt und auch die Aussicht auf das Mähen konnte uns nicht mehr umstimmen. Trotzdem, ohne eine Taschenlampe wollten sie uns nicht ziehen lassen, aber es war keine aufzutreiben, und wir bestanden darauf, sofort abzuhuschen. Dies taten wir dann auch aber kaum im Wald verschwunden, fing es an zu dunkeln und noch bevor uns die Angst befiel, war es Nacht. Nirgends sahen wir Licht, Weg hatten wir sowieso keinen und somit auch die Orientierung so ziemlich verloren aber eines merkten wir nach wie vor, in welcher Richtung es «nitzi» ging! Oh, hätten wir auf die Familie Kempf gehört, die vielen Stürze, Verletzungen, zerrissenes «Ghiidel» wären uns erspart geblieben. So aber mussten wir uns wohl oder übel durchbeissen und etwas Tapferkeit mobilisieren, es war ja schliesslich Mobilmachung. Erst nah Mittenacht kamen wir hinter Brügg auf die Klausenstrasse und unsere Eltern waren nicht wenige erstaunt, als sie ihre zerschundenen und zerlumpten Söhne stolz und tapfer, aber hundsmüde vor sich sahen. Landdienst und dieser Nachttürgg waren gute Lehrmeister! Unsere Kurierposten traten wir selben Tags prompt an und bekamen sogar ein Velo zugeteilt, diesem interessanten Job hielten wir die Treue bis Kollegibeginn.

1940 wurde das SOLA auf dem Urnerboden abgeblasen, dafür gingen wir wieder im Weissenboden auf dem Biel in den Landdienst.

1941 wählte man für das SOLA den Rigiberg. Vermutlich weil ich vom Landdienst auf dem rueggig schwärmte, verdingte mich der Vater für den Sommer 1941 als Knecht auf die Alp Ebnet ennet dem Surenenpass. Klar, es war nicht das Eich des Kolumbus, Verzicht auf das Pfadilager, einen strengen, mürrischen, ledigen Meister und mehr Regen als Sonnenschein. Aber solange es einigermassen ging, biss ich mich tapfer durch. Dann aber geschahen Sachen, die meiner «Berufsauffassung» total zuwider liefen. Leider hatte ich die Gewohnheit, beim Viehhüten zu «müülorgälä»und die lieben Kühe standen zufrieden um mich herum, vergassen aber dabei, genügend zu fressen. Somit gaben sie abends dann auch weniger Milch. Eines Regentages aber kam mir der Meister auf die Schliche, warf mein neues Mülärgeli «wyt und feer» ins Tobel, alles andere als nobel. Auch schmierte er mich ausgerechnet am 1. August-Abend aus, weil ich beim Wasser holen ins Ebnet-Bähndli hockte und dem Feuerwerk drunten im Alpenrösli zuschaute, derweil er mit meinem Wassen ein «Schwarzes» brauen wollte. Dies brachte ihn zum x-ten Mal in Rage, und dementsprechend zahlte er es mir dann heim. Diesmal aber war ich ihm gewachsen, wenn auch in versteckter Art und Weise. Ungefähr zwei Wochen später, solange war es kalt und «schneeverig» sodass einige Rinder aus der Surener Hirti Lahmten und nach Hause transportiert werden mussten. Zu diesen Erlahmten, gehörte (scheinbar) auch ich, und der Meister plumpste auf meine Theatervorstellung herein. Der «Püürähefler-Kari» (mit mir im Bunde) trug mich zur Seilbahn Bergstation und von der Talstation zum Tiertransportwagen (Wasserfall). Dort setzte man mich auf eine Kiste hinten bei den Rindern und die Heimfahrt ging los, juhui ade Meister. Doch Hermi jubelte allzu früh. Beim Schiffsverlad in Beckenried, verursachte das zu schwer beladene Fahrzeug einen argen Ruck, die Rinder schob es geben mich nach hinten, eines schlug mit dem «Tschaag»aus und schon hatte ich mein rechtes Knie kaputt.

In Bürglen musste man mich ins Haus tragen und ein alter Vers bewahrheitete sich «Die Strafe Gottes folgt auf den Fuss» Diesmal hat es mich halt am Knie erwischt. Fünf Wochen dauerte mein Hausarrest, somit unnötig zu vermerken, dass das Ebnet abgeschrieben war. Trotzdem, geschadet hat mir auch diese Erfahrung nicht, umso glücklicher war ich nun in der Obhut meiner lieben Eltern und Geschwister.

1942. Es war immer noch Krieg und «Schmalhans» Trumpf. Somit hatten wir auch kein eigentliches Lager. Aber zwei-dreimal rückten wir im selben Sommer trotzdem aus, und zwar mit Sack und Pack für je zwei bis drei Tage zum Zelten. Einmal Eggberge, einmal Eggenbergli und das dritte Mal glaube ich unterhalb des Biels am Waldrand.

Das letzte Lager der ersten Epoche Abt. Wilhelm Tell war 1945. Führer wie Venner standen bereits im Arbeitsprozess und Gusti Truttmann, unser Pfadiboss nach Seppi Müller, konnte endlich auswandern, nach seinem ersehnten Ziel: Feuerland – Patagonien – Argentinien.

Danach blieb es mäuschenstill im Meierturm, bis 1959 mit Ruedi Geisser als Führer neuen Schwung nach Bürglen brachte.